Darf ich mich vorstellen?

Seit 1963 bin ich Informatikerin aus Leidenschaft. Obwohl ich schon längst pensioniert bin, kann ich das Programmieren und Arbeiten mit dem Computer immer noch nicht lassen. Täglich bin ich durchschnittlich ca 5 Stunden am PC, davon 1 1/2 Stunden online im Internet. Und das begann so:

Nach meiner 13 Jahre dauernden Schulzeit mit Handels-Matura-Abschluss wollte ich unbedingt programmieren lernen. Aber im Jahr 1963 existierte dieser Beruf noch gar nicht in der Schweiz. Dennoch wurde ich bei der IBM Basel angestellt, um Programmierer zu werden. Wir waren eine Gruppe von 6 Personen, die IBM-intern zu 1401-Programmentwicklern ausgebildet wurden. Das verlief etwa folgendermassen:

Uns wurde eine Liste mit dem Maschinencode der 1401 abgegeben. Dann erfuhren wir durch Vorträge während einigen Tagen alles über das technische Innenleben dieses Grossrechners. Ebenso informierte uns der Referent über die wenigen Regeln, die der Computer verstehen konnte. Ich machte mir eifrig Notizen auf einem A4-Block, auch Zeichnungen über die Magnetkerne und Funktionen der Bits und Bytes kamen dazu. Dann tippte ich zu Hause alles fein säuberlich in die Schreibmaschine, so dass ich es auch heute noch sehr gut lesen kann.

Der Redner kam übrigens direkt von einer 4-wöchigen Ausbildungszeit beim IBM-Mutterkonzern in der USA zurück nach Basel, mit dem Auftrag eine genügend grosse Anzahl Programmierer mit dem dort erworbenen Wissen auszubilden. Dann hatten wir das Rüstzeug im Sack und konnten die dringend benötigten Programme für die neue IBM 1401 schreiben. Alles danach war ein ‚Learning by Doing‘.

Zur Erinnerung: Die ersten PCs gab es 1971 oder 1977 (die Experten sind sich da nicht ganz einig!). Erst Anfang der 80iger-Jahre wurde Informatik als Studienlehrgang und zu Beginn der 90iger-Jahre auch als Lehre angeboten.

Für mich war es während der ersten 10 Jahre beinahe unmöglich, mit Verwandten oder Bekannten über meinen Beruf zu sprechen, denn sie verstanden etwa so viel, wie wenn ich Chinesisch sprechen würde.

Zum bessern Verständnis obiger Aussage mache ich den Vergleich mit den Schallplatten, deren Entwicklung um 1881 begann, aber erst ab dem Jahr 1888 für den Verkauf produziert wurden. Während der Entwicklung dieser Technik gab es sicher so etwas wie ‚Tontechniker‘, die in den Anfangszeiten helfen mussten, den Ton optimal auf die Schallplatten zu bringen. Wenn damals jemand auf der Strasse diese Person nach dem Beruf gefragt hätte, wäre vielleicht folgender Dialog entstanden:

Frage:              ‚Was arbeitest du eigentlich?‘
Antwort:         ‚Ich bin Tontechniker.‘
Frage:              ‚Was macht man da?‘
Antwort:         ‚Ich helfe, Schallplatten zu erstellen.‘
Frage:              ‚Was ist denn eine Schallplatte?‘
Antwort:         ‚Damit kann man Musik hören, wenn sie auf dem Grammophon abgespielt wird‘
Frage:              ‚Und was ist denn ein Grammophon?‘

Ergebnis: Mit so einem zukunftsorientierten Beruf kannst du mit niemandem über deine Arbeit sprechen, weil die meisten Leute die Dinge, von denen du sprichst, gar nicht kennen.

Folgendes merke dir:
niemand versteht den Pionier.