Rollentausch mit speziellen Risiken

Haufenweise Hindernisse für Hausmann und Frau im Berufsleben

Es war eigentlich eine wohldurchdachte Entscheidung damals im Jahr 1985. (siehe auch Beitrag ‚Wie wird eine 7-jährige Abwesenheit vom Berufsleben aufgeholt?‘

Mein Mann und ich versuchten zusammen mit unsern 3- und 4-jährigen Kindern die positiven und negativen Aspekte gegeneinander abzuwägen, bevor wir den Rollentausch als Eltern in Angriff nahmen. Dadurch waren die Aufgaben wie folgt verteilt: mein Mann übernahm die Erziehung unseres Nachwuchses und sorgte für einen tipptoppen Haushalt und ich brachte die finanziellen Mittel für das Wohlergehen der Familie nach Hause. Wir glaubten, dass dies gut machbar sei, denn als Informatiker verdiente ich etwa gleichviel wie mein Gatte als Lehrer.

Leider hatten wir nicht alle Gesetzte über Lohnzahlungen, AHV und Pensionskassen (PK) studiert. Wir hatten ja keine Ahnung, dass die Gleichstellung von Mann und Frau damals noch im Mittelalter war.
Schon beim Unterschreiben des Arbeitsvertrages kam die erste Hürde auf uns zu. Wir wussten zwar, dass jetzt auch für Frauen eine PK obligatorisch war und rechneten damit, dass wir für meinen Einkauf in die PK die Einlagen meines Mannes benutzen könnten. Das war aber nicht möglich, denn die PK-Gelder sind persönlich und nicht übertragbar. Zudem überraschte uns die Höhe der Summe für den Einkauf in die PK; es waren mehrere 10’000.- CHF, bezahlbar im ersten Arbeitsjahr. Leider war es damals nicht üblich, dass Frauen eine PK hatten; somit wurden auch keine Beiträge vom Arbeitgeber bezahlt. Also mussten wir diese Summe irgendwie herzaubern, das heisst Kredit aufnehmen, was nicht die beste aber einzige Variante war.

Eine grosse Überraschung erlebte ich vor der Überweisung meines ersten Monats-Lohnes. Damit die Kinderzulage überwiesen werden konnte, musste ich ein Dokument unterschreiben, womit eidesstattlich aufgeführt wurde, dass mein Mann keine Kinderzulage beziehe. Na ja, ich konnte verstehen, dass die Arbeitgeber dies wissen mussten. Dass ich aber während einigen Jahren ein solches Dokument vor jeder Lohnüberweisung unterschreiben und somit bestätigen musste, dass sich an der Situation nichts geändert habe, erstaunte mich sehr. Denn keiner meiner Kollegen musste jemals ein solches Dokument abgeben.

Von einer andern Ungerechtigkeit hatten wir bereits im Voraus Bescheid erhalten. Denn mein Mann musste jeden Monat mehr als 800.-CHF an die AHV-Kasse überweisen. Ohne diese Zahlung hätten all die Jahre, die er als Hausmann arbeitete, als so genannte Fehljahre ohne Beitragsleistung gezählt und seine AHV-Rente wäre sehr klein gewesen. Dabei wurde überhaupt nicht berücksichtigt, dass ich als seine Ehefrau jährlich mehrere Tausend Franken in die AHV einbezahlte. Wir fragten uns ob es in der Schweiz auch Ehefrauen gab, die einen Minimalbeitrag an die AHV leisten mussten, deren Ehemann über 6000.-CHF pro Monat verdient, und davon die obligatorischen AHV-Beiträge abgezogen wurden.

Wo bleibt nur das Geld?

Nach etwa 2 ½ Jahren gut funktionierendem Rollentausch – mein Gatte als Hausmann, ich als Ernährergattin und die Kinder unter der Obhut eines liebevollen und geduldigen Papas waren rundherum glücklich mit der Situation – studierte mein Mann die geltende PK-Verordnung. Wie üblich war sie nicht wirklich kurz und für Laien relativ unverständlich und kompliziert verfasst. Da stiess er immer wieder auf den Begriff „Witwe“ oder auch „Witwen-Rente“. Das Wort „Witwer“ oder gar „Witwer-Rente“ kam im Text nicht vor. Wir konnten ein Gespräch mit dem Personalchef des Arbeitgebers vereinbaren, um die Situation zu klären. Das Ergebnis war eindeutig und erschreckend. Auch der Personalverantwortliche war sehr überrascht. Es wird keine Rente für einen Witwer ausgeschüttet und für die Kinder sind keine Waisenrenten vorgesehen, denn es wurde nur von den Kindern des verstorbenen Arbeitnehmers gesprochen, also würde es nichts geben für eine verstorbene Arbeitnehmerin. Eine solche Situation war für uns zu riskant. Die Problemlösung fanden wir, indem wir eine auf mich lautende Lebensversicherung mit all den entsprechenden wichtigen Details abschlossen. Das bedeutete für uns wieder eine stolze Summe von irgendwoher zu organisieren. Aber es war mir sehr wichtig, dass meine Familie nach meinem allfälligen Tod wenigstens mit einem kleinen Teil meines damaligen recht guten Lohnes abgesichert wäre. Trotz dieser Ungerechtigkeit wurde mir monatlich der Abzug für die obligatorische PK gemacht!

Welcher männliche Familienernährer mit gutem Lohn und grosszügiger PK muss trotz Abzug beim Gehalt auf eine Witwen- und Waisen-Rente verzichten, und für die Absicherung der Familie eine zusätzliche und teure Lebensversicherung abschliessen?

Noch eine monatlich wiederkehrende Frage, die ich hatte: Welcher Familienvater muss vor Bezug des Gehalts eine Bestätigung unterschreiben. die folgende Formulierung enthält: „Meine Frau bezieht keine Kinderzulage.“?

Die wichtigste Frage, die bis heute noch nicht geregelt ist: Warum verdienen Frauen durchschnittlich 20% weniger als Männer – also statt z.B. 1000.- CHF nur 800.- CHF?

Ich glaube und hoffe, dass sich die meisten Fragen in der heutigen Zeit erübrigen, nachdem die entsprechenden Gesetze für Arbeitsrecht, AHV und PK überarbeitet worden sind. Denken wir nur an die vielen Patchworkfamilien und somit an unorthodoxe Rollenverteilungen. Im Jahr 1985 waren die Gesellschaft und deren Gesetze für die Gleichberechtigung der Geschlechter noch in den Kinderschuhen.

der perfekte Hausmann
 

Während 20 Jahren haben wir für den Rollentausch einen sehr hohen Preis bezahlt, aber für unsere Familie hat es sich gelohnt. Interessanterweise wurde mir und meinem Mann diese ungerechte Situation erst jetzt im Jahr 2022 wirklich bewusst.

Noch ein kleiner Hinweis, der mir am Herzen liegt:
Gendern ist meiner Meinung nach eine Alibiübung, um von der wirklichen Diskriminierung der Frauen abzulenken und damit wird die Gleichstellung der Geschlechter nicht verbessert .