Alles begann mit Discomusik

Spezielle Töne – gerüchterweise von der andern Seite des „Teiches“ 

Auch in den 60er-Jahren waren die Chefs wirklich nicht unmenschlich. Und deshalb war es den Operators erlaubt, während ihrer Arbeit im Computerraum Musik zu hören. Da es damals aber noch keine CDs, mp3-Player und solche Sachen gab, war das tragbare Radio (sogenannte Transistorradio) das höchste aller Gefühle. Drucker,  Kartensortierer und Lochkartenstanzer waren aber so laut, dass man das Radio möglichst nahe bei sich haben wollte und das war auf der ca. 170 cm hohen Zentraleinheit. Leider war das musikalische Erfolgserlebnis sehr bescheiden. Denn die Musik aus dem Radio wurde so stark gestört, dass man wirklich nicht von einem Genuss sprechen konnte.

alter Transistorradio aus den 60ig-er Jahren

Ich denke mir, dass auch Techniker, Operator und Programmierer in den IBM-Büros in Übersee dieselbe Erfahrung machen mussten. Wahrscheinlich deshalb tauchte eines Tages ein kleines Päckchen Lochkarten im Maschinenraum auf, ich glaube ein Mitarbeiter, der von der 1401-Ausbildung bei IBM-USA zurückkam, brachte es mit.

eine rechte Hand hält ca. 70 weisse gelochte Lochkarten
eine Handvoll Lochkarten

Er gab es dem Chefoperator zum Laden, nachdem er das immer vorhanden Radio auf die CPU gestellt hatte. Und plötzlich ertönte eine rassige Melodie aus dem Radio. Na ja eine Big-Band hätte die Melodie schon besser gespielt, aber für uns war das wie ein Wunder, und wir konnten uns  den ganzen Zauber nicht erklären; was war da passiert?

Der ebenfalls anwesende Systemtechniker wusste aber über die Innereien der 1401 sehr gut Bescheid und gab in etwa folgende Erklärungen ab.

Wenn der Computer Befehle ausführt, gibt die CPU bei jeder Operation unterschiedliche elektromagnetische Frequenzen ab. Dies führt zu elektromagnetischen Störungen (RFI Radio Frequency Interference). Dabei können diese Signale auch Funkübertragungen stören. Wenn nun ein Radio auf weisses Rauschen d.h. keine Senderfrequenz eingestellt ist, kann man die Interferenz hören, sofern sich das Radio in der Nähe des Computers befindet. Die Frequenzen sind für jedes Betriebssystem spezifisch.
Deshalb schrieben findige Programmierer in der USA zu Beginn der 60er-Jahren ein Programm, das die 1401 dazu veranlasste, irgendwelche Nonsens zu tun, aber die Frequenzen in genau der Reihenfolge und Dauer erzeugten, die für eine Melodie notwendig waren.

IBM 1401 mit Radio auf der Zentraleinheit

Da das Programmieren der genauen Töne für das Zusammenspiel einer Melodie ein recht aufwändiges Unterfangen war, mussten wir uns halt immer wieder dieselbe Melodie anhören.  Und die tönte so… (Aufnahme vom Computer History Museum)

Aber alle hatten dennoch Spass daran!

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