Internetverbindung vor über 25 Jahren

Datenübertragung vom DEC-Server an ein auswärtiges Terminal durch Anwahl am Drehscheibentelefon

Eigentlich muss ich obigen Titel wie folgt präzisieren und sagen ‚Ganz private Internetverbindung‘ oder auch ‚Persönlich aufgesetztes Intranet‘. Denn gemäss eigenen Recherchen gab es in der Schweiz erst ab September 1996 das Internet für Privat-Firmen oder -Haushalte . Unten beschriebene Einrichtung des privaten Netzwerkes entstand aber im Jahr 1994.

Noch eine kleine Bemerkung zur Datenübertrgung. Irgendwo habe ich folgende Aussage gelesen, die mir besonders gut gefällt: „Im weitesten Sinn zählen alle Methoden, die Informationen von einem Ort zum anderen bringen können – von Brieftauben, Rauchzeichen, Fackelsignalen, Fahrradkurieren, Post, bis hin zum Alphorn – zur Datenübertragung.“
Diese Aussage kann helfen, die folgenden Ereignisse in einem andern Licht zu sehen und sogar ein kleines Schmunzeln auszulösen.

Wie bereits im Bericht ‚Virtueller Purzelbaum im Alter von 48 Jahren‚ erwähnt, war ich eine Zeit lang für ein VAX Midrange System mit Siemens Grossdrucker und Brief-Verpackungsstrasse als Allrounder allein verantwortlich. Dazu kam ein LAN (Local Area Network) als Token Ring installiert, um die Terminals in den 6 Büros mit dem DEC-Server zu verbinden.

Im Jahr 1996 wollte der Besitzer des Mailing-Unternehmens unbedingt eine direkte Verbindung vom System zu sich nach Hause haben, wo ein weiteres Terminal installiert wurde. Das Geschäft war in einem alten Schulhaus in einem Luzerner Dorf untergebracht, das Wohnhaus des Geschäftsbesitzers aber im Nachbardorf. Also musste ich das LAN-System erweitern und eine Verbindung über das Telefonfestnetz mittels eines Akustik-Kopplers herstellen.

altes Wählscheiben-Telefon mit Akustik-Koppler

Beim Start des Servers musste jeweils die Telefon-Nummer meines Chefs mit der Wählscheibe eingegeben werden; dann wurde der Telefonhörer auf den Koppler angepresst. Dabei wurden die modulierten Tonsignale über Lautsprecher und Mikrofon übertragen. Die Übertragungs-geschwindigkeit lag bei rund 30 Textzeichen pro Sekunde.

Der Chef hatte somit die Möglichkeit, mit dem Terminal bei sich zu hause das Geschehen im Geschäft genau zu verfolgen und sogar eigenhändig einzugreifen, wenn er wollte. Jeden Tag hoffte ich, dass er das nicht beabsichtigte, denn er war kein Informtiker und da wäre ein Systemabsturz vorprogrammiert gewesen. Damals war ein LAN eine ziemlich labile Sache, vor allem weil ich es alleine aufsetzen musste; und das zum ersten Mal in meinem Leben. Dazu konnte ich nur die Hilfe eines Manuals in Anspruch nehmen

Locales Netzwerk im DEC Mittelsystem

Einmal hatte ich mit dem LAN einen ganz schwarzen Tag erwischt, denn ein neu eingestellter Mitarbeiter sah an seinem ersten Arbeitstag in seinem Büro im oberen Stock ein Terminal. Er dachte sich, dass er bei seiner Tätigkeit als Geschäftsführer sicher nicht ein solch neuartiges Gerät für Datatypistinnen bedienen müsse. Deshalb zog er einfach ruck zuck den Stecker raus – da kann man doch Strom sparen! Aber das war die grosse Katastrophe für mich, respektive für den Token-Ring, der dadurch unterbrochen wurde. Das ganze System mit allen angehängten Komponenten wie Terminals, Grossdrucker und Verpackungsstrasse stürzte ab, und die Produktion stand still.

Jetzt konnte ich nicht einfach neu starten, sondern das ganze Netzwerk musste wieder neu aufgesetzt und jedem einzelne Router von Hand seine IP-Adresse eingetöggelt werden. Das dauerte den Rest des Tages – ich war ja alleine zuständig. Der Operator fuhr mich noch ins Nachbardorf, so dass auch das letzte Terminal im LAN wieder neu eingestellt werden konnte. Übrigens waren die Router alle auf dem Boden platziert, somit verbrachte ich eine lange Zeit kniend auf dem Holzboden.

Stromsparen in allen Ehren, aber bevor du den Stecker raus ziehst,
frage dich oder eine zuständige Person, ob das wirklich Sinn macht.