Was ist denn mit Edith los?

Viel Druck mit dem Drucker

Die IBM 1401 stand endlich im SB Maschinenraum. Die Systemkomponenten wurde mit zwei grossen Lastwagen vor das Bürogebäude in der Nähe des Bahnhofs Basel gebracht und mussten dann mit einem Kran in den 1. Stock hochgezogen werden. Die Techniker schufteten am Boden liegend und kriechend während eines Tages damit auch alle Verbindungen stimmten. Dann konnte die neue Zentraleinheit mit dem neuen Drucker in Betrieb genommen werden.

IBM 1401 Anlage (auf dem Bild mit Diskstation, die wir nicht hatten!)

Ich schrieb fleissig Programme, denn wir erhielten viele Aufträge von unsern Kunden. Alle wollten ihre Lohnabrechnungen, Verkaufsstatistiken oder anderen Auswertungen so schnell wie möglich mit der neuen Technologie gedruckt haben. Einmal erstellte ich sogar ein Programm für die Stadt Basel; die Regierung führte eine Verkehrszählung durch. Selbstverständlich sollten die Daten auf einer aussagekräftigen Liste gedruckt werden.

Eines Tages wurde meine Konzentration durch ungewohntes Gelächter aus dem Maschinenraum gestört. An den lauten Lärm der Peripheriegeräte wie Karten-Sortierer, -Stanzer und Kettendrucker hatte ich mich unterdessen gewöhnt, aber so lautes Lachen kannte ich noch nicht. Ich war gwundrig und ging in den Maschinenraum. Normalerweise waren jeweils nur 2 Operators in dem grossen Raum. Diesmal sah ich aber ein Dutzend Männer dicht gedrängt um den Drucker stehen. Da waren noch unsere 2 Computer-Techniker, der System-Analyst und meine beiden Programmierkollegen sowie von der Schreibmaschinenabteilung die 3 Verkäufer und die beiden Schreibmaschinen-Mechaniker. Sie alle starrten auf den Ausdruck der mit grosser Geschwindigkeit auf dem A3-quer Endlospapier ausgespuckt wurde. Das muss ja etwas ganz Interessantes sein, und ich wollte das auch sehen. Ein Operator drängte mich aber zurück und sagte, dass das gar nichts für mich wäre. Dennoch sah ich einige Stellen auf dem Papier. Durch die ausgeklügelte Anordnung von Buchstaben und Zeichen konnte man mit dem Kettendrucker tolle Bilder erstellen. Und hier erschien die Darstellung einer hübschen Frau mit gewelltem Haar und einer sexy Figur unter dem schönen Kleid. Das war auf den ersten Seiten zu sehen. Aber es folgten weitere Blätter und die Frau war nur noch mit BH und Unterhöschen bekleidet.

Edith mit BH

Wer jetzt denkt, dass der Ausdruck beendet war, irrt sich gewaltig, denn es folgten Fortsetzungsblätter. Zu meinem Erstaunen war darauf die Frau einfach splitternackt. Als ich das sah wurde ich sogar ein klein wenig rot, denn ich war noch so jung und unschuldig.

Sofort ergatterte sich einer der Männer die Seiten der ersten Serie. Der Operator musste immer wieder die Ladekarten in den Kartenleser eingeben um neue Serien der wunderschönen Frau drucken zu lassen. Beinahe jeder Anwesende wollte eine solche Rarität für sich haben.

Ein Techniker erklärte die Situation folgendermassen: Er war für die Ausbildung zum 1401-Servicetechniker in die USA gereist. Am Ende der langen Ausbildungszeit wurde den Teilnehmern oben beschriebener Ausdruck von „EDITH“ vorgeführt und jeder erhielt einen Stapel Lochkarten mit dem Programm. Für mich war diese Erklärung wichtig, denn ich wollte immer „Alles“ wissen. Gesehen hatte ich auch genug und war froh wieder zurück in mein ruhiges Büro zu gehen. Der Kettendrucker ratterte noch eine ganze Weile munter weiter. Es war ein ganz anderer Ton, wenn er „Edith“ produzieren statt einfache Zahlenlisten drucken musste. Für mich war die Welt dennoch wieder in Ordnung.

Auch ein ganz normaler Drucker
kann zum Gaudi einer Männerrunde werden.